Dienstag, 4. August 2015
Hunger
Die beiden Teenager sind in die Stadt gefahren, um zu shoppen. Da sehen sie vor einem Laden einen Obdachlosen mit einem Schild sitzen: "Habe Hunger". Das rührt sie so, dass sie in der nächsten Bäckerei etwas zu essen kaufen und ihm geben.
Montag, 3. August 2015
Stoppelfelder
Die strohgelben abgeernteten Getreidefelder sehen ordentlich gekämmt aus; in breiten Strähnen liegt das Stroh zwischen schütteren Reihen geschnittener Halme.
Sonntag, 2. August 2015
Autokauf
Der kleine Junge hat auf dem Flohmarkt zum ersten Mal alleine ein Auto gekauft und zeigt es stolz seiner Mutter: das knallrote Müllauto hat einen Container zum Auf- und Abladen. Den übrig gebliebenen Euro schiebt er seiner Mutter in die Hosentasche: "Den kannst du wieder haben."
Samstag, 1. August 2015
Archiv 3
30. Juli 2015 alte Dame
Die alte Dame mit dem Rollator hat sich für ihren Spaziergang schick gemacht: zum gelben Sommerkostüm mit den blauen Biesen trägt sie einen dunkelblauen Strohhut. Nun legt sie ein Päuschen ein und nimmt einen Schluck aus der Wasserflasche. Als ich ihr aus dem Auto zulächle, winkt sie freundlich mit der freien Hand.28. Juli 2015 Fundstücke
Beim Ausräumen der Scheune sind alte Schätze aufgetaucht: der Hofbesitzer putzt das uralte Motorrad blank, seine Frau schaut sich den roten Puppenwagen an.27. Juli 2015 alte Freunde
Spontaner Besuch eines alten Schulfreunds: in anderthalb Stunden zügig die letzten paar Jahre erzählen und dabei im anderen noch immer die Jugendlichen erkennen, die wir einmal waren.26. Juli 2015 Siesta
Siesta im Freien: nur ein Vogelschwarm zwischen der weiten blauen Unendlichkeit und mir.25. Juli 2015 Strohballen
Große runde Strohballen auf den abgeernteten Getreidefeldern: als ob Riesen ihre Murmeln dort vergessen hätten.23. Juli 2015 Traktor fahren
Vier Teenager tuckern auf einem knallroten Traktor gutgelaunt durchs Dorf und haben so eine fröhliche Ausstrahlung, dass es keinem etwas ausmacht, dass sie eigentlich keine Vorfahrt hatten.22. Juli 2015 Stoßseufzer
Der ferienreife Teenager, an dessen Schule es kein hitzefrei gibt, und ich schauen Werbung: "Energie auf Knopfdruck!" -Da seufzt sie: "Ja, die bräuchte ich jetzt auch, diese Energie!"
21. Juli 2015 Schiffchen
Die vertrockneten Lindenblüten schaukeln wie kleine Schiffchen im großen Blau des Freibads.20. Juli 2015 Autofahrer der Zukunft
Der Spieltisch im Drogeriemarkt hat ein eingebautes Lenkrad, daran kurbelt ein Dreijähriger und kommentiert wortreich sein Tun: "So, jetzt noch den Einkaufswagen ankuppeln und hinten die Mama, du musst dich aber anschnallen, Mama!" Als ich ihn frage, ob er denn auch schon einparken kann, gibt er ehrlich zu: "Nee, das muss ich noch lernen."19. Juli 2015 Feuerwerk
Das Volksfest ist zu Ende, und die Lichtfontänen des Feuerwerks spiegeln sich im Fluss.18. Juli 2015 Süß oder doch nicht?
"Das ist ja eine ganz Süße!" - Die blonde Mutter des dunkelgelockten Mädchens lächelt ein wenig gequält - vielleicht ist die Kleine nicht ganz so niedlich, wie sie ausschaut.17. Juli 2015 Wochenend und Sonnenschein
Die Kinder haben den Nachmittag im Schwimmbad verbracht und gehen nun in kleinen Grüppchen mit verstrubbelten nassen Haaren und bunten Handtüchern um den Hals nach Hause.16. Juli 2015
Erntezeit: wer frisches Brot essen möchte, muss in Kauf nehmen, auch
mal ein paar Kilometer hinter einem Mähdrescher herzukriechen.
15. Juli 2015
Die kleinen blonden Zwillingsbrüder
kauern auf dem Parkplatz und sehen sich ganz vertieft irgendein kleines
Tierchen an, das dort über den Boden krabbelt.
14. Juli 2015
Heimfahrt in der Dämmerung bei
heruntergekurbelten Fenstern - lauer Wind und Grillenzirpen ziehen in Wellen
herein.
13. Juli 2015
Am gestrigen schwülen Sommertag
haben sich zwei Mädchen aus der Nachbarschaft mit Wassereimern bewaffnet und
kühlen sich mit einer Wasserschlacht am Bach ab; bei jedem Treffer bleibt ihnen
kurz der Atem weg, dann lachen sie und versuchen die andere zu durchnässen.
12. Juli 2015
Bei der Landwirtschaftsausstellung
sind alle in einem Zelt untergebracht: die Besucher und das Vieh, so dass der
Ochsenbraten ganz passend mit dem Geruch von Kuhfladen parfümiert wird und die
Blasmusik mit Muhen, Gurren und Gegacker untermalt.
11. Juli 2015
Der Lavendel blüht und duftet, die Bienen hängen am kühlen Morgen betört im Lila und scheinen gar nicht wegfliegen zu können.10. Juli 2015
Freitagnachmittag: eine Gruppe etwa zehnjähriger Mädchen ist mit einem Betreuer unterwegs, der in flottem Schritt vorausgeht, die Mädchen paarweise hinter ihm her, sie machen sich einen Spaß daraus und marschieren: eins, zwei, drei, vier, bis zur Straße. Dort kommt vorm Überqueren das Kommando: "Abteilung HALT!"9. Juli 2015
Die Sonne ist untergegangen und die
Sonnenblumen schauen etwas orientierungslos in alle Richtungen.
8. Juli 2015
Dem kleinen Jungen steht vielleicht
eine Surferkarriere bevor, so mutig, wie er sich von außen an den Einkaufswagen
der Mutter hängt und ihn mit seinen Bewegungen durch den Supermarkt zu lenken
versucht.
7. Juli 2015
Das nicht mehr ganz taufrische Ehepaar trägt Partnerlook in kräftigen Sommerfarben: beide haben grüne Hosen an, er ein rosafarbenes Poloshirt, sie ein pinkes T-Shirt, und beide tragen Strohhüte mit einem bunten Stoffband auf dem Kopf.6. Juli 2015
Durch die gepflasterte
Fußgängerzone zieht eine ganze Truppe junge Dänen vom Campingplatz und erregen
mit ihrer überschäumenden guten Laune und einem Bobbycar ohne Flüsterräder
Aufmerksamkeit.
5. Juli 2015
Zwischen den tief
ziehenden Regenwolken behauptet sich eine von der Sonne angestrahlte
Schönwetterwolke.
4. Juli 2015
Die Jalousien lassen nur noch
kleine Perlenketten aus Sonnenlicht durch, die sich über den Boden und die
Möbel ziehen.
3. Juli 2015
Tosendes Wasser
und leuchtende Gischt: Schauspiel
für nur zwei Möwen.
und leuchtende Gischt: Schauspiel
für nur zwei Möwen.
2. Juli 2015
Da ist eine selten gewordene Spezies auf dem Weg von der Berufsschule zum Bahnhof: ein Punker mit stacheliger Irokesenfrisur.1. Juli 2015
Die junge Frau mit dem Baby im
Wickeltuch und der kleinen Tochter an der Hand hat Eis gekauft und stellt vor
dem Supermarkt erschrocken fest, dass es ein Sechserpack war, von dem sie nur
zwei braucht. So verschenkt sie die anderen vier an erstaunte Kunden auf dem
Weg zu ihren glühenden Autos.
Archiv 2
30. Juni 2015
Durch die warme Sommerluft flattern Schwalben und ein Schwalbenschwanz, und wenn es so warm bleibt, werden die Taubenschwänzchen auch nicht lange auf sich warten lassen.29. Juni 2015
Ein erboster Spatzen-Stormshit geht
auf die Katze nieder, die betont lässig am Gebüsch entlangschlendert.
28. Juni 2015
In der warmen Sommernacht beim
Grillenzirpen und mit dem gluckernden Bach vorm Tor die duftenden frisch
gewaschenen Laken im Mondlicht aufhängen - da macht sogar die Hausarbeit noch
Freude...
27. Juni 2015
Der Spiegel des Flusses liegt so
glatt vor dem alten Städtchen, dass noch eine Stadt darunter entsteht.
26. Juni 2015
Auch am Abend stecken die beiden
Jungs noch voller Energie und spielen Fangen und Verstecken im Supermarkt, dass
die Küchentuchpyramiden ins Wanken geraten. Einer wird schließlich an der Kasse
ausgerufen: der Vater ist fertig mit dem Wochenendeinkauf, und es geht nach
Hause.
25. Juni 2015
Die junge Floristin hat hinter dem Haus Kardendisteln abgeschnitten
und nimmt sie in Zeitungspapier gewickelt mit zur Arbeit, denn dort kann
sie das "Unkraut" in Gestecken verarbeiten und verkaufen.
24. Juni 2015
Der Vater und sein kleines Töchterchen machen einen Abendspaziergang
durch die Wiesen, sie gehen Hand in Hand in der leuchtenden Sonne und
unterhalten sich dabei.
23. Juni 2015
Der Buntsandsteinbruch in der
Flanke des Berges: eine rote Wunde im waldgrünen Fell, die nicht so rasch
zuheilen wird.
22. Juni 2015
Geographie-Hausaufgabe: mit dem
Finger auf den Seiten des Atlas durch Indien reisen und die klangvollen Namen
auf der Zunge zergehen lassen.
21. Juni 2015
In aller Frühe fährt die Schülertruppe fort und lässt auf dem
Bahnsteig eine Gruppe Gasteltern und -geschwister zurück, die so
plötzlich ihrer Aufgabe beraubt etwas verloren dastehen, bevor sie sich
auf den Heimweg machen.
20. Juni 2015
Abschlußabend des Schüleraustauschs mit Polen: spontane Musikstücke
wechseln sich mit eingeübten Sachvorträgen ab. Nach dem Essen wird eine
Polonaise getanzt, und es schwingt ein wenig Wehmut mit, dass die Woche
so rasch vergangen ist.
19. Juni 2015
Die alte Frau und ihr junger Hund
sitzen nebeneinander und betrachten sich gegenseitig mit demselben liebevollen
Blick.
18. Juni 2015
Zwei Gestalten sitzen in Campingstühlen unter der Brücke. Der eine
hat gegen die feuchte Regenluft eine knallrote Wolldecke um die Beine
geschlungen, beide haben eine Notiztafel auf dem Schoß. Sie sind keine
Wohnungslosen, wie man auf den ersten Blick denken könnte, sondern
Verkehrszähler.
17. Juni 2015
Durchs offene Autofenster zieht im
Vorbeifahren ein süßer Duft herein: die Linden blühen.
16. Juni 2015
Ein junger Mann mit Zylinder, Schlaghosen und Weste: ein Geselle auf der Walz.15. Juni 2015
Der Autofriedhof direkt neben der Schnellstraße: lauter bunt verrostete Blechquader zu Bergen gestapelt - morbide Schönheit.
14. Juni 2015
Die beiden Teenager zeigen ihrer
Austauschschülerin das heimatliche Dorf - sie betrachten es mit den Augen einer
Fremden und sehen so die Schönheit und die Vorzüge, die sie im Alltag nicht
immer schätzen.
13. Juni 2015
Die drei Mädchen haben Spaß in
ihrem Trampolinkäfig, kichern, hüpfen übermütig, dass die schwarzen Locken
fliegen und rufen ein "Hallo" zur Straße herüber. Nur das rutschende
Kopftuch macht diese wilden Sprünge nicht mit.
12. Juni 2015
Letzter Schultag in dieser Woche:
auf dem Bürgersteig springt der Junge mit dem Ranzen auf dem Rücken in wilden
übermütigen Hüpfern über unsichtbare Hindernisse.
11. Juni 2015
Auf einer Wiese am Fluss hat ein
kleiner Zirkus sein Zelt aufgebaut, daneben stehen wie verlassen die Wohnmobile
und Wohnwägen der Darsteller, keiner ist zu sehen. Was für ein Relikt aus den
letzten Jahrhunderten, denke ich, und wie schön, dass es das noch gibt - diesen
unvergleichlichen Geruch aus Sägespänen und Großkatzen, aus Pferdemist und
Popcorn, die aufpeitschende oder beschwörende Musik, die Lichter, die Clowns
mit ihren manchmal erschreckenden Späßen.
10. Juni 2015
Zwei Pfingstrosen stecken ihre
dicken Blütenköpfe neugierig zwischen den Zaunlatten heraus, um zu sehen, was
auf der Straße so vor sich geht.
9. Juni 2015
"Eine kleine Nachtmusik"
am sonnigen Nachmittag - der Teenager übt für einen Auftritt am Wochenende, und
die Melodien ergänzen wunderbar das entspannte Gezwitscher der Sommervögel
draußen. Auf der Baustelle haben sie endlich mal einen Ruhetag eingelegt, alle
Rasenflächen sind wohl gemäht, eine beinahe feiertägliche Ruhe ringsum.
7. Juni 2015
Kurz vor dem nächtlichen
Spaziergang der Gedanke: ob es schon Glühwürmchen gibt? Und dann die Freude,
als tatsächlich ein einziges den dunklen Weg kreuzt auf der Suche nach einer
besseren Hälfte.
5. Juni 2015
Wilder Mohn am Rande des grünen
Getreidefelds: die zarten Blüten widerstehen doch dem Wind.
4. Juni 2015
Im Abenddämmern werden die Frösche
lebendig und geben der sinkenden Sonne ein Abschiedskonzert.
3. Juni 2015
Allein unterwegs im
schönen Schloßpark: die vielen Grüntöne von Farn, Laub und Binsen, zwischendrin
ein paar pinke Blüten, die Spiegelungen im Wasser, der Gesang und das Rascheln
der Vögel, nicht einmal ein Einhorn würde auffallen in dieser zauberhaften
Umgebung.
2. Juni 2015
Der junge Mann mit dem alten Auto
aus Belgien hat noch einen weiten Weg vor sich, weiß aber nicht so genau, wie
er nach Salzburg kommen soll und freut sich, als er die Nummern der Autobahnen
und die Namen der wichtigen Autobahnkreuze auf einen Zettel notiert bekommt.
1. Juni 2015
Auf dem Weg zum Bad
schon zehn Fremde begrüßen
morgens beim Camping.
schon zehn Fremde begrüßen
morgens beim Camping.
31. Mai 2015
Aus diesem Blickwinkel
wirkt die schön restaurierte Windmühle tatsächlich riesig und etwas bedrohlich.
Don Quijotes Mut, die in vollem Tempo immer wiederkehrenden schweren Flügel zu
attackieren, erscheint da wirklich bewundernswert.
30. Mai 2015
Während oben in der Strandbar
Hochzeit gefeiert wird, sind zwei kleine Jungen der Feier entkommen und spielen
unten im Sand barfuß in schicken weißen Hosen und blauweiß gestreiften Hemden
Fußball.
29. Mai 2015
Beim Verlassen der Eisdiele steigt
der Zweijährige auf den Sockel der großen Plastik-Werbeeistüte vor dem Eingang,
umarmt sie, und zum Entsetzen seiner Eltern schleckt er sie voller Inbrunst zum
Abschied noch einmal ab.
28. Mai 2015
Nächtliche Lichter: Der halbe Mond
scheint von oben, und von unten streichen die Lichtwellen des Leuchtturms
rhythmisch über die Wolkendecke. Autoscheinwerfer gleiten auf der Erde entlang,
und in der Ferne sieht man die Lampen in den Häusern des nächsten Dorfes.
27. Mai 2015
Die drei fröhlichen Jungs haben
Verpackungsmaterial am Straßenrand gefunden und sich Schaumstoffteile auf den
Kopf gesetzt, nun werden die Papierbögen noch zu merkwürdigen Kleidungsstücken
umgeschlungen, und der große Karton ist sicher auch noch zu etwas zu
gebrauchen.
26. Mai 2015
Waschtag beim
Briefträger: die gesamte Ausrüstung flattert auf der Leine, von der Unterhose
bis zum Overall.
25. Mai 2015
Das kleine Haus ist
ziemlich heruntergekommen, und doch hat sich jemand die Mühe gemacht, einen
Blumenkasten und einen Rolladen auf das Brett zu malen, das die Fensteröffnung
abdichtet.
24. Mai 2015
Das alte bäuerliche Anwesen ist
liebevoll renoviert, und jemand hat beim Anstreichen sogar den kleinen
Ausschnitt im Scheunentor, der für die Katze gedacht ist, mit einem weißen
Rähmchen umgeben.
23. Mai 2015
Die alte Schreibmaschine auf dem
Flohmarkt, verrostet und verbogen, niemand interessiert sich wirklich für sie.
Wie viele Worte sind ihr wohl entsprungen, und welche? Wer schrieb auf ihr?
22. Mai 2015
In vollem Tempo im Uhrzeigersinn
durch den Kreisverkehr: die kleine Katze liebt das Risiko.
21. Mai 2015
Die Kastanie, die seit Jahren als
Quasi-Bonsai in einem Kübel im Hof wächst, hat heuer zum ersten Mal eine
einzige Blüte hervorgebracht. Ob sie dann im Herbst wohl auch ein paar
Kastanien abwirft?
20. Mai 2015
Die Schwalben, endlich: schwarze
Schreie schießen im Zickzack durch die Luft.
19. Mai 2015
Obwohl es nach Regen aussieht, hat
die Gärtnerei die Wassersprenger voll aufgedreht. Im Gegenlicht werfen sie
leuchtende Bögen aus Tropfen über die Felder mit Gemüse und Salat.
18. Mai 2015
Auf der Wäscheleine trocknen neben
verschiedenen Kuscheltieren zwei Anschauungsobjekte aus Plüsch für den
Sexualkundeunterricht. Nicht lustig, findet der Teenager.
16. Mai 2015
Beim Verlassen der Stille des
Wormser Doms überschwemmen die Lautsprecherboxen eines Cabrios das Gelände mit
ohrenbetäubender Rapmusik.
15. Mai 2015
Die Bruchsteinmauer ist von einem
gründlichen Baumeister so gut verfugt worden, dass die beiden Eidechsen auf der
Suche nach einem Unterschlupf für die Nacht schließlich aufgeben und sich auf
einem etwas weiter vorstehenden Stein die Abendsonne tanken.
14. Mai 2015
Das kleine Mädchen, das selber noch nicht so lange laufen kann,
bringt das nun aufmunternd ihrem Püppchen bei, während sie es an den
Armen hält und zwischen ihren Beinchen laufen lässt:"Eins, zwei, drei,
vier Schritte!"
13. Mai 2015
Das Sanitätsfachgeschäft hat wohl
auch die Frühlingsgefühle der Kundschaft im Sinn: heute steht auf der Straße
ein Ständer mit lauter BHs (allerdings eher die gesunden und praktischen
Modelle in Hautfarbe, keine reizvollen).
12. Mai 2015
Der süße und würzige Duft des
frischgemähten Heus zieht zum Fenster herein und lässt lauter nicht mehr ganz
greifbare aber schöne Gefühle aus Kindersommern hochsteigen, die damals
irgendwie unendlich schienen.
11. Mai 2015
Mai-Wallgang: vorneweg gehen die Messdiener und der Pfarrer, dann die Männer, die Blaskapelle und hinten die Frauen und Kinder als kleine Prozession durchs Grüne, um eine gute Ernte bittend.10. Mai 2015
Nachtspaziergang mit beinahe allen
Sinnen: lauwarme Luft auf der Haut, Grillenzirpen im Ohr, der fast schon dunkle
Nachthimmel in den Augen, und in der Nase der Duft von blühendem Flieder.
9. Mai 2015
Der Flohmarkt wird von einem
heftigen Regenschauer überrascht, und viele Besucher flüchten sich unter die
großen Kastanien am Rand des Platzes. Dort sammeln sich die Schirmlosen nah an
die Stämme gedrängt: Studentenpärchen, türkische Ehepaare, Mütter mit Kindern
im Wagen und eine elegante Dame mit Plastiktüte auf dem Kopf warten auf das
Ende des Platzregens.
8. Mai 2015
Im Supermarkt sitzen die
Geschwister einträchtig nebeneinander im Schneidersitz auf dem Boden vor dem
Zeitschriftenregal, völlig vertieft in die neuen Comicheftchen. Die Mutter ist
irgendwo zwischen den Regalen unterwegs und erledigt ungestört ihre Einkäufe.
7. Mai 2015
Über den Himmel hetzt eine Herde
riesiger Wolkentiere, sie verschwinden hinter den Bergrücken, tauchen wieder
auf und scheinen ein winziges Flugzeug zu verfolgen, das aber noch schneller
ist und entkommen kann.
6. Mai 2015
Ein heftiger Regenschauer geht
nieder, während ringsum die Sonne scheint. Zum Ausgleich erstrahlt ein
wunderschöner breiter Regenbogen über den Weinbergen.
5. Mai 2015
Nach dem Gewitterschauer haben die
kleinen Tierchen, die übers Ziegeldach zu kriechen scheinen, einen nass
glänzenden Pelz. (Eigentlich sind es nur Moosbüschelchen.)
4. Mai 2015
Nachmittags auf dem Balkon:
handarbeiten bei Vogelgezwitscher, nachbarlichem Geplauder, Blockflötenliedern
aus einem offenen Fenster, schwarzen Raben vor weißen Wolken, umgeben von
blühenden Bäumen, leichtem Wind und einem Kaffee auf dem Tisch. Mehr Frühling
geht nicht.
3. Mai 2015
Eifriges Ein und Aus im
Vogelhäuschen an der Wand im Hof. Darunter steht der Wohnwagen, aus dem
Winterquartier geholt, wird gelüftet, entmoost, die menschlichen Zugvögel sind
genauso emsig am Werk.
2. Mai 2015
Der Liegeradfahrer von weitem: ein
schnelles gigantisches Insekt, das auf der Straße entlangrennt.
1. Mai 2015
Rund glatt wunderschön
vom Reiben aneinander
zum Kiesel werden
vom Reiben aneinander
zum Kiesel werden
30. April 2015
Freinacht: mit Bollerwagen voller
Essen und Getränke ziehen die Jugendlichen und Junggebliebenen zu ihren
Gartengrundstücken. Zwischen den Hecken lodern Feuerchen, Grillgeruch und Musik
durchziehen das Tal. Spätnachts grölen die Heimkehrer, denen es doch zu kalt
wurde, unterm Schlafzimmerfenster.
29. April 2015
Zeitlose Faszination: auf dem
Grundstück gegenüber wird gebaggert, und am Rand stehen als Zaungäste die
Möchtegernbaggerführer zwischen 10 und 60 Jahren und schauen zu.
28. April 2015
Der morsche Apfelbaum, der im
Winter schon ganz abgestorben aussah, wurde vom Wachsen und Werden des
Frühlings mitgerissen und lässt sich nun doch einige junge rosa Blüten stehen.
27. April 2015
In der Baumschule vorsichtiges
Blühen in Reih und Glied geordnet - auf dem wilden Acker nebenan ein
überschäumendes Blütenmeer, gelb, weiß und rosa bunt durcheinander.
26. April 2015
Die erste Schwalbe fliegt eine
Zickzackbahn durch den Hof.
25. April 2015
Nach der kühlen Nacht steigen
kleine weiße Nebelfiguren aus dem Main und tanzen im Morgenlicht.
24. April 2015
Der schnieke Luxusstaubsaugervertreter
am Ausgang des Supermarkts spart sich die Ansprache, als ich ihm schwer bepackt
ein bedauerndes Lächeln samt Kopfschütteln schicke, zwinkert aber
verständnisvoll zurück.
23. April 2015
Die letzten Sonnenstrahlen fallen
auf ein bunt blühendes Tulpenfeld und lassen die Blüten noch intensiver
leuchten, bevor die Nacht die Farben langsam verschluckt.
22. April 2015
Dem alten Haus ist der Efeu bis
übers Dach gewachsen, mit dieser asymmetrischen Frisur schaut es etwas verwegen
aus.
21. April 2015
Ein einzelner Haubentaucher kratzt
einen Keil in den Spiegel des Mains.
20. April 2015
Auf dem Weg zum Bahnhof: "Heimlich, still und leise sind die Bäume grün geworden, gell, Mama?"
19. April 2015
In die Träume der Dorfbewohner
mischen sich heute noch vor Sonnenaufgang Blasmusikklänge, erst ein frommes
"Segne du, Maria", dann flottere Märsche. Es ist Weißer Sonntag, und
so werden die Kommunionkinder feierlich geweckt. (Oder sie schlafen weiter,
während die Erwachsenen mit nicht ganz so gesegnetem Schlaf aufwachen...)
18. April 2015
Der achtlos fortgeworfene
Apfelbutzen auf der Wiese im Schulhof hat noch einen Interessenten gefunden:
ein Amselmännchen ist restlos begeistert von dieser Frühstücksdelikatesse.
17. April 2015
Unter dem Baum im Nachbarsgarten
schneit es: Magnolienblüten.
16. April 2015
Zehn Minuten vor dem Wecker
erwachen und durchs geöffnete Fenster dem vielstimmigen Vogelkonzert draußen
lauschen.
15. April 2015
Die mannshohe Wohnzimmerstehlampe
der mittlerweile verstorbenen Nachbarin mit Bommelchen am Schirm und Quaste zum
Ziehen steht völlig intakt auf einem Berg Sperrmüll - wird gerettet und darf
nach einer Überarbeitung irgendwann ein zweites Leben im Teenagerzimmer
beginnen.
14. April 2015
Die junge Frau mit dem langen
Pferdeschwanz hat einen Pulli übergezogen, unter dem das Haar verschwindet. Nur
unten schaut - tatsächlich wie ein Schwänzchen - die Spitze noch heraus.
13. April 2015
Die Ranken vom letzten Jahr:
Schriftzeichen einer fremden Sprache auf den Drahtlinien im Weinberg.
12. April 2015
Die Picknicksaison ist eröffnet -
mit Kaffee und Gebäck in den Weinbergen über dem Main im lauen kräftigen Wind
und mit Blick auf das heimatliche Dorf am Ufer gegenüber.
11. April 2015
Im Flughafen ein buntes Menschengemisch, dunkelhäutige
Zwillingsmädchen ganz in Rosa, die händehaltend hinter ihren Eltern
herlaufen, ein japanisches Ehepaar, das in verschiedene Richtungen
deutet, der Reinigungsfahrer ist hauptsächlich mit seinem Handy
beschäftigt, der Duft der Parfüms aus dem Dutyfreeshop vermischt sich
mit Kaffee und Gebratenem, und über allem das Rainmaker-Rauschen der
Anzeigetafeln.
10. April 2015
In der Calle San Nicolás singt ein
Mann mit voller Stimme Opern, die zwischen den Hauswänden hin- und hergeworfen
werden, so dass die Quelle des Gesangs nicht leicht zu finden ist. Da hört der
Tenor in seiner abgewetzten Regenjacke plötzlich auf, weil er in die Bar an der
Ecke eintritt, wo er einen Kaffee oder ein Glas Wein trinken möchte.
9. April 2015
Niemand hört auf der Plaza de
Espana die Amseln gegen den rauschenden Verkehr und den plätschernden Regen
ansingen.
8. April 2015
Die Madrider Rentnerin hat einen
neuen Wischmopp gekauft und trägt ihn nun stolz wie eine Lanze in die Luft
gestreckt nach Hause.
7. April 2015
Im Abendsonnenlicht laufen die
Jogger im Stadtpark mit ihren Schatten um die Wette.
6. April 2015
Im Vorüberfahren taucht eine mannshohe Koch-Figur auf, die
hoffnungsvoll ihren Daumen in die Höhe streckt: er hat das Stehen vor
dem Restaurant wohl satt und will als Anhalter mitgenommen werden.
5. April 2015
Happy hour in Franken: die Orangenscheibe aufgepikst auf den Zwiebelkirchturm.
4. April 2015
Und heute stehen sie vor der Tür,
die drei Messdiener in Zivil mit roten Wangen, sagen ein Sprüchlein auf und
erwarten Gaben, die sie umgehend in der Sammelbüchse und im Handwagen
unterbringen. Der ist schon zur Hälfte mit Süßigkeiten gefüllt, die später
hoffentlich gerecht aufgeteilt werden.
3. April 2015
Keine Glocken mehr, die sonst den
Tagesrhythmus mit dem Angelus-Läuten bestimmen. Stattdessen laufen die
Messdiener und Messdienerinnen an diesem strahlenden Frühlingstag mit hölzernen
Ratschen durchs Dorf, nicht ganz so pünktlich wie die Turmuhr, weil sie ja
nicht überall zugleich sein können.
2. April 2015
Der Winter gibt noch eine
Vorstellung mit ganz großem Theater: Schneegestöber so dicht wie ein Vorhang,
der sich schnell wieder hebt, die warme Frühlingssonne beleuchtet die
Landschaft des Thüringer Waldes mit überzuckerten Nadelbäumen als Kulisse, dann
fällt der Vorhang wieder, um gleich darauf dramatischen Wolken- und
Lichteffekten Platz zu machen, das alles wiederholt sich in unzähligen
beeindruckenden Akten.
1. April 2015
Verhakt im Geäst -
reiß dich los und segle fort,
du Frühlingswolke!
reiß dich los und segle fort,
du Frühlingswolke!
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